Goodbye Mamiya, Hello Contax!

Die Mamiya ist eine Super-Kamera. Ich habe es genossen, dieses Monster zu besitzen, sie auszuführen und Filme damit zu belichten.

Aber man muss auch ehrlich zu sich selbst sein – die Kamera ist für mich ein bisschen zu unhandlich. So sehr ich es gerne machen würde – ich fahre nicht drei Stunden irgendwo hin, um dort die Kamera aufzubauen und auf „das Licht“ zu warten. Für ein bisschen Walk-Around in der Stadt wiederum ist die RZ67 auch nicht gerade ideal – obwohl die Mailand-Sache wirklich Spass gemacht hat.

Also muss etwas neues her. Die Contax 645 ist ebenfalls eine Legende, sie entstand aus einer Kooperation von Zeiss und Kyocera, die Objektive sind atemberaubend, haben ein wunderbares Bokeh und — haben Autofokus! Dieser Autofokus hat nichts mit dem zu tun, was wir heute von unseren DSLR und anderen Knipsen kennen, aber immerhin. Unnötig zu erwähnen, dass es für diese Kamera ebenfalls keinen Service mehr gibt. Das verleiht der ganzen Sache etwas aufregendes, endgültiges.

Sehr schön ist auch dass man neben Film auch Digital fotografieren kann – ich komme später nochmal auf dieses Thema zurück.

Einstweilen sei mal soviel gesagt: Was für die Mamiya RZ67 hinsichtlich der ehemaligen Neupreise und dem jetzigen Gebrauchtpreis galt, gilt auch für die Contax. Die Preise ziehen im Moment etwas an, da es einen kleinen Hype gibt, aber Hey!

Hier also nun das erste Bild, dass ich mit der Contax gemacht habe:


Film: Kodak T-Max 400, Entwickler: Tetenal Ultrafin T-Plus

Naja, vielleicht nicht „das erste“, aber immerhin von der ersten Filmrolle. Wie man an dem Negativ sehen kann, blendet die Kamera die technischen Daten ein: Belichtungszeit 1/1400 sec, f/2.8, Objektiv war das 140 mm f/2.8

Wenn das nicht cool ist!

Viel besser werden solche Bilder, wenn sie dann auf Papier vor einem liegen – dann ist „Wow“ der neue Standard!

Selfie-time!

Zugegeben, mit einer Analog-Kamera ohne Autofokus oder Selbstauslöser ist es nicht so leicht, ein Selfie zu machen. Um so grösser war mein Entzücken, als ich in Mailand diese Installation entdeckt habe, die in der Galerie Vittorio Emmanuelle steht – anlässlich der Expo 2015 wurde eine riesige, aus Spiegeln gefertigte Installation aufgestellt, in deren Inneren man historische Aufnahmen aus Mailand sehen kann.

Auf der Aussenseite allerdings …

Automatik. Welche Automatik?

Heutzutage kann man das kaum glauben, aber es gab eine Zeit, in der nicht überall ein Computer drin war. Das gilt auch für Kameras.

Die Mamiya RZ67 ist so ein hoffnungsloser Fall: Der einzige „Computer“ ist ein kleiner Chip, der im Objektiv die Zeiten des Zentralverschlusses steuert. Deswegen wurde die Kamera als „Microprozessorgesteuert“ verkauft. Oho!

Darüber hinaus wird alles von Hand gemacht. Das läuft dann etwa so ab:

  • Messen der Szene mit einem Belichtungsmesser
    (An diesem wird die ISO-Zahl eingestellt).
    Nach der Messung erhält man die Belichtungszeit und die Blende – abhängig von der gewählten Messmethode.
  • Übertragen des Messwertes auf die Kamera, einstellen der Blende am Objektiv.

Damit ist man natürlich bei weitem nicht so schnell wie mit einer Kamera, und es gibt viele Faustregeln, die zur Anwendung kommen können. Die schlimmste davon hat vermutlich jeder schon mal gehört:

Sonne lacht, Blende acht

Ich verwende z.B. das iPhone, dort gibt es die App „Pocket Light Meter„, in dem man sehr leicht die Werte einstellen und messen kann. Für Messungen mit Blitz ist das allerdings nicht geeignet, dafür besitze ich noch einen  Sekonik L-308S.

Das liebe Geld.

Sprechen wir mal über die Kamera- und Objektivpreise.

Mal schnell bei eBay geschaut: Die Mamiya RZ67, eine Kamera, die früher mal für 3-4 Tausend D-Mark über den Tisch ging, mit einem Objektiv das nochmal soviel gekostet hat kostet heute noch 500 Euro.

Jetzt ist so ein Vergleich natürlich ein bisschen holperig. Man muss sich ja immer vorstellen, dass die Industrie in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten auch enormen Fortschritte gemacht hat – was früher ein Riesengeld gekostet hat, ist heute viel günstiger zu haben.

Dennoch sind viele der alten Objektive absolute Präzisionsstücke – es gab ja nicht diesen Consumer-Markt mit Millionen von Kameras. Eine Mamiya RZ67 wie oben vorgerechnet, war für Profis gedacht und gemacht. Manche dieser Kameras haben jahrzehntelang in den Studios ihren Dienst getan.

Viele dieser Profis musterten die Geräte aus. Wenn man ein bisschen aufpasst und nicht gerade das abgegriffenste Exemplar wählt, bekommt man für wenig Geld eine Qualität, die heute praktisch nicht mehr zu bekommen ist ODER in heutigen Preisdimensionen einfach nicht mehr vernünftig in Relation zu dem schönen Hobby steht – Mittelformatobjektive von Leica, Hasselblad oder Schneider Kreuznach sind in Preisregionen beheimatet, bei denen es einem recht schnell schwindlig werden kann.

Das hier gezeigte Weitwinkelobjektiv für die Mamiya RZ 67 wiegt ca. ein Kilogramm und kostet bei eBay 350 €. Da rückt der Ausbau der Analogsammlung in greifbarer Nähe.

Warum eigentlich Film?

Digital ist doch so praktisch.

Dieses Thema beschäftigt alle, die mit Film fotografieren. Und diejeningen, die es nicht tun.

Wer weiss schon, was die anderen denken. Mein Antrieb ist schnell beschrieben: Für mich ist es es eine schöne Sache, wenn das einzelne Bilder einen Wert hat. Ein 120er-Film hat Platz für 10 Bilder, wenn man im Format 6×7 fotografiert. Die zehn Bilder klingen nicht nach besonders viel. Aber wenn man nur zehn Bilder hat, überlegt man sich auf der anderen Seite schon mal, ob man abdrücken soll oder nicht.

Gleichzeitig sorgt es auch für eine ganz andere Herangehensweise. Diese beiden Herren waren so vertieft in Ihr Schachspiel, dass ich ohne weiteres mit einer digitalen Kamera einen Schnappschuss hinbekommen hätte.

Statt dessen habe ich gefragt, ob sie fotografiert werden wollen, das Stativ aufgeklappt, den Belichtungsmesser verwendet um die richtige Belichtungszeit herauszufinden, alles sorgfältig komponiert und dann ein einziges Bild gemacht.

Normalerweise wäre der Digital-Schnappschuss einfach auf der Festplatte verschwunden. So wurde es zu einem bedeutsamen Moment, an den ich michgerne erinnere. Es ist nicht nur das Bild, sondern auch die Art wie ich es aufgenommen habe – „the medium is the message“.

 

Wo ist mein Bild?

OK. Die Kamera liegt vor mir – der Verschluss glüht noch, und der Film ist auch schon belichtet. Aber wie komme ich jetzt an mein Bild ?

In der Analogfotografie bezeichnet man das Bild auf dem noch nicht entwickelten Film als „latentes Bild“ – es ist da, aber eben auch wieder nicht. Zuerst muss es irgendwie hervorgeholt werden.

Dieses „irgendwie“ nennt sich Filmentwicklung. Filmentwicklung von Schwarzweiss-Filmen ist Kinderkram. Das kann wirklich jeder. Bei Fotoimpex gibt’s ein Starterset, mit dem schon mal die wichtigsten Dinge beisammen sind. Dann noch ein bisschen lauwarmes Wasser (20° C sind genau richtig) und schon kann’s losgehen.

Da es sich um „Analog“-Fotografie handelt, ist es auch nicht so, dass ein Film plötzlich nichts wird. Es ist ein analoger Prozess, da sind – auf 10 Minuten Entwicklungszeit gerechnet – 10 Sekunden mehr oder weniger einfach kein Problem. Ein halbes Grad Temperaturschwankung? Na und!

Nicht jeder weiss wie’s geht, daher hat sich – auf Deutsch und in wunderbarer Sprache – Stephan Heymann die Mühe gemacht den Prozess zu beschreiben, sein PDF zum Thema kann man auf seiner Website bekommen:

Stephan Heymann: Negativ-Entwicklung – So geht’s

Die wichtigste Nachricht zuerst: bloss nicht irre machen lassen! Es gibt soviel unterschiedliche Kombinationen von Film, Entwickler, Bewegung in der Dose, Fixierer und und und … – mehr Sicherheit kann man sich eventuell noch von einigen Youtube-Videos holen, bevor es losgeht.

Statt dessen erst mal die Basics: Einen Film belichten, mit einer „Anfänger-Kombination“ entwickeln und sich am ersten Negativ erfreuen.

 

Echt jetzt? Eine Analogkamera?

Manchmal denke ich, ich wär‘ zu alt für sowas. Ich sollte mir eine kleine Kompaktkamera kaufen, den ganzen restlichen Fotokram verscherbeln und mir eine schöne Zeit machen. Ein gutes Buch lesen zum Beispiel, oder Klavier lernen.

Statt dessen habe ich zufällig diesen Artikel gelesen: „13 Best Vintage Cameras“ , in dem die besten Filmkameras ausgewählt wurden. Reine Poesie, Technikfetisch pur.

Schnitt. Hände, die über die Tastatur fliegen.
Nahaufnahme eines Mauszeigers, der auf "Senden" klickt.

In einem Fotoforum habe ich dann ein Angebot gesehen, in dem eine Filmkamera angeboten wurde. Noch ein paar Mails, und wenige Tage später liegt das Paket vor der Tür.

Da steht sie nun also. Eine Mamiya RZ67 Pro II. In der Kamera-Ecke werde ich später erklären, wie die Kamera funktioniert. Für’s erste sei mal soviel gesagt:

– Kein Autofokus
– Funktioniert auch ohne Batterie.
– Macht einen Riesen-Spass